Prince Ironheart

Gestern musste ich an ihn denken, einfach so. Ich habe ihn lange nicht mehr getroffen, und das ist gut so. Der Typ ist ja völlig durchgeknallt, und immer wenn wir uns begegnen, läuft es nach dem gleichen Schema ab:

Kaum hat er mich erblickt, da blinkt hinter seinen kugelrunden Brillengläsern ein Erkennen auf.
"Viola", stammelt er dann vor sich hin, während sein Blick sich auf seine Füße richtet. "Hast du Viola gesehen?"
"Nein", sage ich. "Ich hab' sie schon lange nicht mehr gesehen."
Er glotzt mich enttäuscht an, und nach ein paar sinnlosen Worten verdrücke ich mich, während er wieder auf seine Füße starrt. Ich bin uninteressant für ihn geworden, weil ich nichts von Viola weiß.

Himmel, der Typ ist verrückt, und vielleicht war er schon verrückt, bevor er sich durch alle möglichen Drogen das Gehirn ausbrannte, bis nur noch ein einziger Gedanke darin übrigblieb, nämlich der Gedanke an Viola.
Viola, ich hatte sie vor dreißig Jahren kennengelernt, sie gehörte zu einer Clique von jungen Gymnasiasten, die kurz vorm Abitur standen. Sie war ein hübsches Ding, sehr eigenwillig, ihre goldbraunen Augen standen asiatisch schräg, und ihre braunen glatten Haare trug sie wie Prinz-Eisenherz oder wie Jeanne d’Arc, Moment mal, imitierte der Typ etwa ihre Frisur? Wollte er ihr damit näher sein oder sich gar in sie verwandeln? Wäre ihm zuzutrauen... Aber zurück zu Viola: Ich konnte mich auch daran erinnern, dass sie verrückt nach einem anderen Mitglied der Clique war, einem gutaussehenden intelligenten aber sehr arroganten Typen, der sie fallen ließ, woraufhin sie ihm vergebens hinterher lief. Niemand kriegt wohl das, was er gerne hätte.

Werde ich ihn noch einmal sehen? Werde ich dann vielleicht auf die andere Straßenseite gehen? Werde ich mich verhalten, als hätte er eine ansteckende Krankheit? Aber welche ansteckende Krankheit er auch immer haben mag, ich beneide ihn irgendwie, er hat diese Liebe, obwohl sie nie erwidert wurde. Und er wird auch am Ende nur dieses eine Wort sagen: Viola...
J. (Gast) - 10. Apr, 16:38

Na,

ich weiss nicht, ob es da etwas zu beneiden gibt...
Hört sich eher nach einem armen Schwein an...

Gruß, J.

Iggy - 10. Apr, 16:53

er ist mit sicherheit ein armes schwein,

aber er hat etwas, an das er sich klammert - oder ist er durch das klammern so geworden? ich weiß auch nicht...
antworten
NBerlin - 11. Apr, 15:24

Genau der Glaube an die Romantik! ;-)
antworten
Iggy - 11. Apr, 16:54

sowas wie ewige liebe?

klappt anscheinend nur bei unerfüllter...
antworten
NBerlin - 11. Apr, 17:21

Es gibt so einen Spruch: Die vollendete Romantik gibt es nur bei/in der unerfüllten Liebe....siehe Romeo und Julia...;-)
antworten
Iggy - 11. Apr, 17:44

dachte ich's mir doch,

aber da gibt es bestimmt noch einen unterschied zwischen unerfüllter aber erwiderter liebe und unerfüllter nichterwiderter. was für ein fingerbrecher!
antworten
flor - 10. Apr, 20:10

hat nicht jeder sein/seine viola irgendwie?
oder anders ausgedrueckt: sind wir nicht alle ein bisschen bluna?

Iggy - 10. Apr, 20:18

jetzt, wo du es sagst bzw. schreibst...

ja da ist was dran.
denkt man vielleicht, wenn es ein bisschen anders gelaufen wäre...
antworten
flor - 10. Apr, 20:25

haette und waere versuch ich ja nach moeglichkeit, da wo es sich vermeiden laesst, nicht zu verwenden aber offensichtlich kommt man manchmal nicht drum herum...
antworten
iggy (Gast) - 10. Apr, 20:37

und täglich grüßt das murmeltier...

na ja, der hat's irgendwie hingekriegt. ;-))
antworten
flor - 10. Apr, 22:07

irgendwie kriegt das jeder hin aber ob das so gewollt ist/war das ist die frage...
antworten
Iggy - 10. Apr, 23:04

so wie der oben?

nee bestimmt nicht. das ist nicht gut und auch nicht so gesund. gut nacht. ;)
antworten
tschapperl - 10. Apr, 21:01

"Niemand kriegt wohl das, was er gerne hätte".

Hier werden die Dinge wirlich auf den Punkt gebracht. In diesem Blog bekommt der Leser eben immer etwas mit auf seinen Weg!

Iggy - 10. Apr, 21:24

anderen geht es auch so?

das ist tröstlich und traurig zugleich.
ich will aber niemanden deprimieren... ;)
antworten
acuto - 11. Apr, 12:54

vielleicht liegt es daran,
dass uns zumeist nicht bewusst ist,
was wir wirklich gerne hätten?
antworten
Iggy - 11. Apr, 16:52

oder dass man mit

gar nichts zufrieden ist oder zurechtkommt.
antworten
acuto - 11. Apr, 12:52

worum genau beneidest du ihn denn?
um die konsequenz, mit der er seinem traumpfad folgt,
obwohl der ihn sehr einsam macht?
um die intensivität seines fühlens,
die ihm alles andere flache schattenwelt sein lässt?
dafür, dass er so einen starken traum hat?

ich kann ihn gut verstehen. sehr gut sogar.
schade finde ich nur,
dass er seinen traum nicht zu mehr nutzt.
weiß aber auch, wie unendlich schwer es ist,
sich nicht darin zu verlieren.
insofern hüte ich mich zu urteilen -
starke träume sind sehr mächtig.
ob sie gnade oder strafe sind,
liegt wohl hauptsächlich an der eigenen kraft
und dem vertrauen, das man in lebenssinn hat.
leichter werden sie darum aber nicht.

Iggy - 11. Apr, 16:52

ich glaube, ich beneide ihn

um die intensität seines gefühls, um dieses ignorieren der "wahren" welt, um diese ausschließlichkeit.
dagegen sind meine gefühle flach, selbstsüchtig und wahrscheinlich zum teil auch verletzte eitelkeit. aber immerhin hatten sie ein gutes: ich habe sie in geschichten umgesetzt, und das heißt wahrscheinlich, ich lebe auch in einer anderen welt, und vielleicht bin ich verrückter als er, auf jeden fall gefühlloser. ach ja!
antworten
acuto - 11. Apr, 20:25

beneidenswert.
antworten
Iggy - 11. Apr, 20:39

nicht wirklich,

manchmal fühlt man sich nicht so richtig menschlich.
antworten

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