LoVe-StOrY Teil 6

Später in der Nacht konnten sie endlich in ihr Zimmer gehen, das im Souterrain des Hauses lag.

Es war ein sehr hübsches Zimmer, ein Bauernschlafzimmer mit einem Doppelbett und zwei weichen dicken Federbettdecken, die man gut gebrauchen konnte, denn es war zwar schon Mitte März, aber immer noch lausig kalt in den Nächten, und hier auf dem Land war es auf jeden Fall kälter als in der Großstadt. Dazu gab es einen hübsch bemalten Bauernschrank, in dem sie ihre wenigen Sachen untergebracht hatten, denn für eine Nacht nimmt man nicht viel mit, und sie wollten am Morgen ziemlich früh wieder zurückfahren, wahrscheinlich schon nach dem Frühstück.

Sie fühlte sich ziemlich müde und zog sich rasch aus, sie hatte auch keine Lust mehr, zu duschen, obwohl das große Badezimmer direkt gegenüber sehr verlockend war.
Sie sah ihn an, aber er schaute weg von ihr. Was war los mit ihm? War die Feier so schrecklich gewesen? Sie machte die Nachttischlampe nicht aus, denn sie wollte ihn sehen, sie wollte ihn schmecken, ihn liebkosen, ihm Freude bereiten, denn es würde bald aus sein. Vielleicht. Nein, mit Sicherheit würde es aus sein.

Hardy legte sich wortlos in sein Bett, diese Betten waren barbarisch, mit dieser sogenannten Besucherritze in der Mitte, nie konnten zwei Personen in der Mitte liegen, nein immer musste einer von ihnen in das Bett des anderen ziehen. Und Hardy machte keinerlei Anstalten, in das Bett seiner Geliebten überzusiedeln.
Hardy wartete nämlich. Er wartete auf eine Aussage von ihr. Warum sagte sie es ihm nicht? Er war schließlich der Vater, er hatte es aus Nobby herausgequetscht. Er hatte so getan, als wüsste er, was Irma mit ihrem Onkel besprochen hatte, und Nobby war darauf hereingefallen und hatte ihm alles erzählt.

Zuerst hatte er natürlich unter Schock gestanden. Irma bekam höchstwahrscheinlich ein Kind, und er war der Vater. Natürlich, wer sonst? Sein Leben würde sich ändern, nein, es würde sich vielleicht nicht so ändern wie Irmas Leben, aber diese Vorstellung barg doch viel... ja was barg sie? Erschreckendes? Nein eigentlich nicht, er war jetzt einunddreißig, und Irma war auch einunddreißig, und er konnte nicht ewig weitermachen mit den Kumpeln und mit den Wochenendausflügen, wo sie die Frauen angemacht hatten, das war wohl zu Ende, spätestens seit er Irma gebeten hatte, bei ihm einzuziehen. Und sein ganzer alter Freundeskreis löste sich allmählich auf, alle heirateten, bekamen Kinder und standen nicht mehr zur Verfügung. Aber das war egal. Er hatte sich für Irma entschieden, weil er sie liebte. Er liebte dieses sture undurchschaubare Weib, und er wusste absolut nicht warum. Aber er hatte es akzeptiert.

Er musste daran denken, wie er sie kennen gelernt hatte:

Vor der Tanzfläche im Kaleidoskop um halb drei Uhr morgens, und sie schaute den Tanzenden bei ihren Verrenkungen zu. Sie trug eine weite leinenfarbene Hose, eine kurze Jacke aus dem gleichem Stoff und dazu Stoffturnschuhe. Sie hatte halblange blonde Haare, und sie war sehr anziehend, sie war nicht unbedingt schön, aber interessant genug, um ihn anzumachen. Wirklich schöne Frauen hatte er genug gehabt, er versuchte es seit längerer Zeit mit den interessanten. Also quatschte er sie von der Seite her an, sie schaute ihn erstaunt an und konnte es wohl nicht glauben. Sie war es nicht gewohnt, viel angesprochen zu werden, denn sie verbreitete eine gewisse Distanz, nur ganz abgebrühte Männer scheuten nicht vor dieser Distanz zurück. Und er war solch ein Abgebrühter...

Also warum sagte sie es ihm nicht? Wie lange wollte sie damit warten? Herrgott, dieses Weib war einfach unmöglich, aber vermutlich liebte er sie deswegen so, und er wollte sie immer um sich haben und das Kleine natürlich auch. Sie würden tatsächlich eine Familie werden, so wie eine dieser Klischeefamilien aus dem Fernsehen, über die er sich immer kaputtgelacht hatte, aber mit Irma wäre es ganz anders... Er fing an, sich auf das Kind zu freuen, was wäre es wohl, ein Mädchen oder ein Junge? Ein kleines Mädchen, das aussah wie Irma, wäre nicht schlecht, aber ein Junge auch nicht...

Sie verzogen sich auf die Empore des Kalei, setzten sich dort auf eine Bank, er legte den Arm um sie, und sie hatte nichts dagegen. „Die steht auf mich“, dachte er belustigt. Dass Frauen auf ihn standen war natürlich normal, und diese hier schien die ideale Beute zu sein. Es war sehr spät, alle Kneipen im Umkreis hatten schon zu, und er fragte sie unschuldig, wohin man denn gehen könnte. Sie fiel darauf hinein wie eine Idiotin. „Wir könnten zu mir gehen“, schlug sie vor. „Ich hab aber noch einen Kumpel dabei“, sagte er. Er mochte diesen Kumpel nicht besonders, sondern verachtete ihn sogar ein bisschen, aber als Zuschauer war er immer willkommen. Clemens sollte mit ansehen, wie man eine Frau anmacht und rumkriegt.
Sie war einverstanden. Man nahm sich vor dem Kalei ein Taxi, und sein Kumpel musste die Zeche bezahlen. Hardy fand das sehr amüsant. Irma wohl weniger, denn sie schien ein wenig irritiert...


Warum machte sie keinerlei Anstalten, ihm etwas über das Kind zu sagen. Stattdessen rutschte sie auf seine Seite des Doppelbettes und schmiegte sich an ihn. Er machte sich ein wenig steif, er wollte es nicht, und das war wirklich selten, weil er sonst immer scharf darauf war, wenn sie ihn begehrte.

Er fühlte sich belogen.

Ende Teil 6
tschapperl - 21. Jan, 13:29

Diese Beschreibung der ländlichen Schlafkammer: herrlich!

iggy (Gast) - 21. Jan, 14:44

mit ländlichen schlafkammern kenn ich mich aus,

und diese ist noch richtig gemütlich... ;-))
antworten
punctum - 22. Jan, 21:37

ländliche schlafkammer... ich hab mal im winter bei einer tante in der dachkammer geschlafen. das federbett war so eiskalt wie der ganze raum, eine überwindung, ins bett zu gehen. noch größer die überwindung, wieder aufzustehen. deine schilderung hat mich daran erinnert :-)
ich mag deine geschichte sehr, nicht nur, weil sie so gut geschrieben ist. unausgesprochenes, missverständnisse, wie sie das leben schreibt.

iggy (Gast) - 22. Jan, 22:44

ich glaube, eine geschichte lebt von den details,

wenn die überzeugend sind, dann kann man möglicherweise alles schreiben... *gg*
ich hoffe aber, da kommen nicht nur schlechte erinnerungen zum vorschein. danke dir und schlaf gut!
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