LoVe-StOrY Teil 1

Irma sah ihn verstohlen von der Seite an. Es war immer wieder ein Genuss für sie, ihn anzusehen, und sie fühlte sich unbeschreiblich zu ihm hingezogen. Er war vielleicht in Wirklichkeit nicht schön, aber er war überaus attraktiv, und vor allem bewunderte sie seine Selbstsicherheit, vielleicht war es diese Selbstsicherheit, die ihn so attraktiv machte, dazu kam noch seine gute Figur, seine Größe, die Eleganz seiner Bewegungen, denn sogar nackt lief er vollkommen unbefangen daher, und es stand ihm. Viele Männer sahen nackt ziemlich blöde aus, liefen ungeschickt und tölpisch daher, vielleicht hatten sie irgendwelche Komplexe, aber er nicht. Er hatte bestimmt keine Komplexe, er war einfach perfekt. Und außerdem war er auch in anderer Hinsicht perfekt. Er war einfach zu perfekt. Wie konnte sich ein Mann wie er, der jede Frau haben konnte, sich für eine relativ unscheinbare Person wie sie interessieren. Nein, nicht nur interessieren, er hatte sie sogar gebeten, bei ihm einzuziehen. Und jetzt wohnten sie tatsächlich schon drei Monate zusammen, und diese drei Monate waren wunderbar gewesen.

Während sie auf der langweiligen Autobahn gen Osten fuhren, blickte sie wieder nach rechts auf die Autos, die sie überholten. Sie wollte ihn nicht zu offenkundig anschauen. Er war schon eingebildet genug. Sie griff nach der Zigarettenschachtel auf dem Armaturenbrett des Volvos, wollte sich eine Zigarette herausnehmen, überlegte es sich dann aber anders. Irgendwie hatte sie keine Lust zu rauchen. Sie hatte in letzter Zeit auch keine Lust mehr, Alkohol zu trinken, es schmeckte ihr nicht mehr, und sie hatte das nicht mehr nötig. Wenn sie allerdings an die Zeit vor vier Monaten zurückdachte, erschrak sie vor sich selber. Sie hatte manchmal soviel getrunken, dass sie Sachen getan hatte, die sie immer noch schwer bereute. Wieder schaute sie ihn verstohlen von der Seite an. Er fuhr äußerst konzentriert, und doch schien er zu spüren, dass sie ihn ansah. Er lächelte und blickte sie kurz an.

Aber jetzt brauchte sie das Trinken nicht mehr, eigentlich hatte sie es nie gebraucht, vielleicht manchmal, um in Stimmung zu kommen, um mit einem Mann schlafen zu können. Himmel, sie war wirklich pervers. Und seltsam, mit Hardy war sie immer in Stimmung gekommen, ohne Alkohol trinken zu müssen. Und er hatte von Anfang an diese Wirkung auf sie gehabt. Er hatte sie wütend machen können, und er hatte sie in dieser ersten Nacht so wütend machen können, dass sie ihn aus ihrer Wohnung hinauswerfen musste. Blödmann! Dieser Hai in der Maske des guten lieben Freundes! Noch immer fühlte sie den Groll von damals, sein blödes Geschwätz, die dämliche Anmache, dieser Spruch, dieser verdammte Spruch von ihm! Er war so eingebildet gewesen!

Ob er mit anderen Frauen schlief? Sie glaubte es eigentlich nicht, sie wohnte bei ihm, er hatte sie gebeten, bei ihm einzuziehen, sie hatte ihre beiden Katzen mitgebracht, und er liebte die Katzen. Aber liebte er sie, Irma? Gute Frage. Obwohl, Liebe, Blödsinn, Quatsch, okay, sie mochte ihn sehr gerne, er war fantastisch im Bett, er sah überaus attraktiv aus, und manchmal verursachte er ein seltsames Gefühl in ihrem Magen, aber Liebe? Sie hatte noch nie zu einem Mann gesagt, dass sie ihn liebte, weil es einfach nicht wahr war. Und Liebe war doch nur ein Wort, und sie war glücklich mit ihrer jetzigen Situation, sie musste nicht unbedingt das Wort Liebe dafür benutzen. Sie zeigte Hardy mit Hingabe, Leidenschaft und Zärtlichkeit, dass sie ihn mochte und versuchte in der übrigen Zeit, ihm nicht auf die Nerven zu gehen. Es war gut, wenn man sein eigenes Leben und seine eigenen Interessen hatte, dann konnte man sich viel besser in die Leidenschaft stürzen, als wenn man den ganzen Tag zusammen war. Sie freute sich, wenn Hardy mit seinen Kumpels zusammen Fußball im TV anschaute, und sie hatte nichts dagegen, wenn er danach mit den Kumpels in seine Stammkneipe ging. Seltsamerweise vertraute sie ihm. Sie wusste, sie konnte jederzeit in diese Kneipe gehen, ihn kurz auf die Wange küssen, sich neben ihn setzen und ihm beim Knobeln zuschauen. Sie wusste einfach, dass er nie mit einer anderen Frau dort irgendwie rummachen würde.

Haaa! Er hatte schließlich genug mit anderen Frauen rumgemacht. Er war so gut im Bett, dass er mit jeder Menge Frauen herumgemacht haben musste. Das wusste sie. Aber mittlerweile war es ihr egal, denn sie war ja auch kein Unschuldslamm gewesen...

„Am besten fährst du jetzt rechts über die Bundesstraße in Richtung Brilon.“ Sie wusste aus jahrelanger Erfahrung, wie man am besten nach Daarau kam. Daarau war ihr Heimatdorf, das Dorf, in dem sie geboren wurde und das Dorf, in dem ihre Eltern lebten. Ihr Vater feierte Geburtstag, und sie hatte eigentlich alleine nach Daarau fahren wollen, aber Hardy wollte mitkommen. Na gut, wenn er unbedingt wollte. Sie hatte ihren Eltern zwar gesagt, dass sie wieder mit einem Mann zusammenlebte, hatte es aber nicht sehr dramatisch dargestellt. Schließlich hatte sie fast acht Jahre mit ihrem Exfreund (im Geiste nannte sie diesen Exfreund ‚Mörder meiner Jugend’) zusammengelebt, und es war auseinandergegangen. Sie hatte ihren Exfreund zweimal in all den Jahren mit nach Daarau genommen, und er hatte sich dort immer aufgeführt wie der letzte blöde Macker. Wie würde Hardy wohl mit ihren Eltern klar kommen? Ihre Mutter – verächtlich rümpfte sie ihre Nase – war dumm, hatte schlechte Angewohnheiten und gab mit ihren Krankheiten an, sonst hatte sie wohl nichts, um damit angeben zu können. Und dennoch hatte ihre Mutter sie geprägt, alles was sie war, so schien es Irma, war sie durch das Verhalten ihrer Mutter geworden. Denn ihre Mutter hatte sie nie geliebt. Stets hatte sie gegeneinander gekämpft, vielleicht um Daddy, sie wusste es nicht mehr, aber sie wusste mit Sicherheit, dass sie irgendwann in ihrer Kindheit einen Knacks bekommen hatte, vielleicht durch die Schläge, die sie sinnlos von ihrer Mutter einstecken musste, vielleicht durch die allgemeine Lieblosigkeit, mit der ihre Mutter sie behandelte und die sie ihr postwendend zurückzahlte... Sie wusste nicht mehr, wie es angefangen hatte, sie wusste nur, dass sie Angst hatte, verletzt zu werden. Ach, es war schlimm irgendwie. Kein Wunder, dass sie nie ein Kind haben wollte, denn vielleicht hätte sie ein Kind so misshandelt, wie sie von ihrer Mutter misshandelt worden war. Und dieses Risiko wollte sie nicht eingehen. Aber Hardy hatte sie natürlich nichts von ihrer Kindheit erzählt. Warum sollte sie auch? Es würde sie zu sehr entblößen.

Ende Teil 1
Peanut77 - 14. Jan, 18:42

Du hast wirklich Talent zum Schreiben. Es gefällt mir. Ich bin nicht wirklich gut im Analysieren von Texten, von daher kann ich nicht mit wichtigen Fachbegriffen um mich werfen, sondern einfach nur sagen, dass es mir gefällt.

So, und jetzt wüßte ich gerne, wie es weiter geht. ;o)

iggy (Gast) - 14. Jan, 19:27

nun denn, spätestens morgen geht es weiter.

und ich hoffe, du bist nicht enttäuscht - ich bin nämlich immer sehr unsicher in bezug auf meine sachen.
wünsch dir noch einen schönen abend!
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